Montag, 18. Februar 2013

Japanische Teezeremonie

Hallöchen! 
Letzte Woche Sonntag fand die langersehnte Teezeremonie statt, die ich zusammen mit einigen Freundinnen besucht hatte. Vor lauter Aufregung konnte ich die Nacht davor kein Auge zudrücken, denn ich bekam zusätzlich die Möglichkeit, einen graziösen Kimono zu tragen. Allerdings hätte ich am nächsten Morgen beinahe verschlafen und somit verlief alles recht hektisch. Bereits um halb acht kamen Melissa-san, Angela-san, Tina-san, Mori-san und LeeMay-san vorbei, um mit den Vorbereitungen zu beginnen. Schnell das Frühstück hinuntergeschlungen, ging es schnurstracks ins Tatamizimmer, wo unsere Kimonos fertig zum Anziehen bereit lagen. Ich trug übrigens einen Iromuji (bedeutet: einfarbig) von Tina-san in der Farbe altrosa, welcher hauptsächlich für Teezeremonien verwendet wurde. Mir war bereits bewusst, dass das Anziehen eines Kimonos seine Zeit bräuchte, doch hätte ich nicht damit gerechnet, dass es dermaßen kompliziert wäre. Der Kimono bestand aus mehreren Schichten, die mit etlichen Bändern und Klammern festgemacht und festgebunden wurden. Zuerst trug ich ein Unterkleid und einen weißen, langen Rock. 

Beim Ankleiden
Im Anschluss folgten Kimono und Obi, ein breiter, farbprächtiger Gürtel, der am Ende alles zusammenhielt. Das kniffligste an der Sache war das Falten, doch unsere "Meisterin Melissa" bekam es perfekt hin, ohne auch den knappen Zeitplan zu missachten. Dazu trug ich knöchelhohe Socken mit abgetrenntem Zehbereich, genannt Tabi, und (nicht-)passende Zōri (Sandalen), denn die Hälfte meines monströsen Fußes guckte am Ende raus. Von Mori-san erhielt ich noch Blumen für die Steckfrisur, einen Fächer und ich bekam ebenfalls von meiner Okaa-san noch weißes Papier zugesteckt, womit ich zuerst nichts anzufangen wusste. Einen Kimono zu tragen, war eine ausgesprochen großartige Erfahrung für mich, auf der einen Seite die japanische Tradition zu erleben und auf der anderen Seite anmutig und elegant auszusehen. Für eine kurze Zeit fühlte ich mich wie eine Japanerin, wobei ich auch bemerkt hatte, dass ich in dem Kimono schnell an meine Grenzen gelangte, denn das Treiben von normaler Bauchatmung war schier unmöglich! Mit dem Auto fuhren wir anschließend in die Region Hatsukaichi und selbst das Einsteigen und Hinsetzen waren dermaßen schwer, dass meine Ächzer der einer, kurz vor der Geburt stehenden Frau glichen. Am Teehaus angekommen, beschritten wir zunächst einen wunderschönen, gepflegten Gartenpfad Roji, der uns laut Tina-san aus dem Alltagsleben entzöge.
Im Wartezimmer
(Bild von Tina-san)
Nach der Begrüßung geleitete uns die Hausherrin in dessen Wartezimmer, wo wir von ihrer Helferin heißes Wasser serviert bekamen. Der Raum war außerdem mit zahlreichen Puppen für das kommende Hina Matsuri (Puppenfest) dekoriert. Wieder zurück auf dem Gartenpfad ging es im Anschluss in Richtung Teezimmer, doch zuvor reinigten wir unsere Hände und Münder an einem kleinen Wasserbrunnen. Vom Eingang des Teezimmers war ich dermaßen überrascht, denn dieser maß nur knapp einen Meter! Wie hieß es immer: Kopf runter und durch? Leichter gesagt als getan, denn die Praxis war schon kniffliger! Nicht nur, dass mein Obi am oberen Rahmen ständig hingen blieb, sondern dass sich auch mein Kimono vorne leicht löste, ließ es mich also auf die Knie fallen und ich krabbelte ins Teezimmer. Das symbolisierte Respekt, Demut und ließ die gesellschaftlichen Unterschiede beim Betreten vollkommen außer Acht. Das schlichte Teezimmer war mit Tatamiboden ausgestattet und in der Mitte des Raumes war eine Feuerstelle mit einem Wasserkessel im Boden niedergelassen. Die benötigten Utensilien wie Bambusbesen, Teedose, Holzkelle und Keramikschalen lagen daneben zum Einsetzen bereit. Die Hausherrin begrüßte uns nun mit einer Verbeugung und begann mit der Zeremonie.
Die Teezeremonie
(Bild von Mori-san)
Um das grob zusammenzufassen, bereitete sie den Grünen Tee mit vorgeschriebenen, kunstvollen Handgriffen zu, in dem sie zum Beispiel das Teepulver mit heißem Wasser aufgoss und mit dem Besen leicht schaumig rührte. Dazu wurden sehr süße Speisen gereicht als Ausgleich zum "bitteren" Teegeschmack. Hier kam nun auch mein weißes Papier zum Einsatz, welches als Teller diente. Das alles hatte eine ganz bestimmte Reihenfolge zu beachten und vor dem Trinken wurde der Satz "Otemae chodai itashimasu" ("Danke für die Teezubereitung") mit einer tiefen Verbeugung zu der Hausherrin gesagt. Bei der Teezeremonie herrschte absolute Ruhe, doch als mir der Satz vor Aufregung entfiel, sorgte ich zusätzlich für einige Lacher. Nur aus zwei Schalen wurde getrunken, weshalb die Hausherrin jedes Mal nach der Benutzung diese mit einem heißen Tuch sauber wischte. Insgesamt dauerte die Teezeremonie knapp eine Stunde und war vom Aufwand her einfach, denn sie könnte sich auch über einen gesamten Tag ziehen. Wir bedankten uns bei der Hausherrin und fuhren anschließend in ein Restaurant nahe der Miyajimainsel. Die nächste Hürde ließ sich zudem nicht lange warten, denn ich musste nach dem Teegenuss irgendwann auf die Toilette. LeeMay-san zeigte mir überaus lustige Wurftechniken für den Kimono und somit war die Herausforderung nicht mehr allzu schwer, doch wirklich viel Essen konnte ich ebenfalls nicht zu mir nehmen, nicht dass der bereits enge Kimono platzen würde. Im Anschluss ging es in die Berge zu einer wunderschönen Tempelanlage, um den restlichen Tag ausklingen zu lassen. Die ersten Bäume trugen bereits ihre Blüten und Wasserfälle zeichneten die Umgebung aus. In einem kleinen Café mit Ausblick über die Wälder genossen wir Zenzai und fuhren danach nach Hause. Alles in allem war es ein unvergesslicher und großartiger Tag!


Reinigen der Hände
Auf dem Weg zum Tempel

4 Kommentare:

  1. Wuhu Phu im Kimono endlich!
    sehr schön :)

    Klingt nach einem echt schönen Tag

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    1. Das freut mich :)
      Der Tag war wirklich sehr schön und am Ende fand ich die Farbe des Kimonos auch nicht mehr schlimm so wie am Anfang.

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  2. Wie schön, daß die Natur bereits die Vorboten des Frühlings erblicken läßt... Viele Grüße aus dem verschneiten Deutschland!

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    1. Im Gegensatz zu Deutschland ist der Winter hier schon vorbei :) Und nicht mehr lange dann werden die Kirschblüten die Wälder verzaubern.
      Viele liebe Grüße!

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